Ein Ovarialkarzinom gehört zu den häufigeren krebsbedingten Todesursachen bei Frauen, da erste Symptome recht unspezifisch sind und Tumoren meist erst in einem späten Stadium entdeckt werden. Bei einem auffälligen Eierstock-Befund im Ultraschall läuten daher schnell die Alarmglocken, oft wird gleich operiert. Das ist in vielen Fällen aber gar nicht angebracht. 

Nicht selten werden Adnexbefunde zufällig bei Sonografien entdeckt, die nicht aufgrund des Befundes durchgeführt werden, wie zum Beispiel bei einem CT aufgrund eines nicht-gynäkologischen Problems, einem Ultraschall bei einer asymptomatischen Patientin oder für ein unspezifisches Symptom, welches mit dem Befund in keinerlei Zusammenhang steht. Eher selten erfolgt ein Ultraschall aufgrund von klassischen Symptomen. Findet sich in der Praxis dann ein auffälliger Adnexbefund, ist die Beantwortung der Frage nach der klinischen Konsequenz nach wie vor schwierig. Ob ein Befund gut- oder bösartig ist, erscheint nicht immer eindeutig und unterschiedliche Leitlinien zur Vorgehensweise verwirren zusätzlich, weshalb in der Vergangenheit zu viele Patientinnen mit funktionellen Zysten unnötig operiert worden sind.

Beurteilung von Adnexbefunden

Das Risiko einer Malignität ist vom Zystentyp abhängig. Die häufigste Form des Adnexbefundes bilden die unilokulären Zysten. Werden diese Befunde konservativ gemangt und über einen gewissen Zeitraum beobachtet, zeigt sich ein sehr kleines Risikoprofil. Laut Follow-up-Studien liegt die Inzidenz bei einer Größe <5 cm um die 0,09% [2]. Weitere Follow-up-Studien haben gezeigt, dass auch Dermoidzysten über einen längeren Zeitraum keine Komplikationen oder Malignome verursachen [3–5]. Auch hier scheint die Anwendung eines konservativen Managements ziemlich sicher. Endometriosezysten hingegen weisen ein leicht erhöhtes Risiko für Ovarialkarzinome auf. Dieses entspricht mit 2% allerdings immer noch einem geringen Risikoprofil, welches von verschiedenen Risikofaktoren abhängig ist. Dazu zählen unter anderem die Größe >9 cm und die Postneopause. Dennoch haben bei einer Follow-up-Studie über 17 Jahre und mit mehr als 6000 Frauen lediglich 0,7% ein Ovarialkarzinom entwickelt. Da asymptomatische Endometriome allerdings eher selten sind, erfolgt in der Regel meist die Entfernung der Zysten, was ein konservatives Management oft kontrovers erscheinen lässt. 

Die Entscheidung zur Nicht-invasiven Diagnostik verlangt stets die Beachtung bestimmter Kriterien. So müssen Patientinnen in jedem Fall asymptomatisch sein und der Befund muss sich auf dem Ultraschall als klar benigne darstellen. Darüber hinaus muss eine Malignität ausgeschlossen werden können und Komplikationen als sehr unwahrscheinlich eingestuft werden. In jedem Fall sollten, wenn sich die Ovarien im Ultraschall als normal aussehend darstellen, andere Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen werden. 

IOTA-5-Studie und Guidelines

Dass die Entstehung von Komplikationen oder Malignomen bei benignen Adnexbefunden relativ gering ist, zeigt auch die IOTA-5-Studie. In der prospektiven Studie wurden mehr als 3000 Patientinnen mit benignem Befund konservativ gemanagt. Nach regelmässiger Kontrolle der Adnexbefunde konnte eine Remissionsrate von 20% festgestellt werden. Lediglich 0,2% der Patientinnen entwickelten eine Torsion, ebenso viele eine Zystenruptur. Selten waren mit 0,4% auch invasive Karzinome und Borderline-Tumoren [5]. Kanadische Guidelines besagen ebenfalls, dass asymptomatische Befunde <10 cm mit gutartigen Ultraschallkriterien konservativ gemanagt werden können. Bei unsicheren Befunden sollte zusätzlich ein Experten-Ultraschall oder MRI plus Tumormarker durchgeführt werden. Eine Torsion ist bei einer Grösse <5 cm allerdings sehr gering. Dieses Vorgehen stimmt weitestgehend mit den Guidelines aus den USA und Europa überein. Auch hier wird lediglich bei unklaren Befunden ein Experten-Ultraschall, MRI oder Biomarker empfohlen. Klar benigne Befunde werden konservativ gemanagt. 

Weiterhin kein Screening für Ovarialkarzinome 

Obwohl Ovarialkarzinome in fortgeschrittenen Stadien mit einer hohen Mortalität verbunden sind, weisen sie in der Allgemeinpopulation eine insgesamt niedrige Inzidenz auf, sodass ein generelles Screening schwierig ist. Kern von Früherkennungsstrategien ist der sogenannte ROCA-Test (Risk of Ovarian Cancer Algorithm), welcher auf einer engmaschigen Kontrolle der CA125-Konzentration im Blut beruht und einen transvaginalen Ultraschall einschliesst. Zwei randomisiert kontrollierte Studien untersuchten die Effektivität dieser diagnostischen Mittel in der Allgemeinbevölkerung, entweder einzeln oder in Kombination. Einen eindeutigen Nutzen und eine verminderte Mortalität, durch ein generelles Screening mittels transvaginaler Sonografie und Bestimmung des CA- 125, konnten bisher allerdings nicht erbracht werden [6,7].

Umso wichtiger ist es, die Ultraschalluntersuchung in einem klinischen Kontext zu platzieren, denn bestimmte Muster im Ultraschallbild lassen benigne oder maligne Befunde eindeutig erkennen. Eine gezielte Untersuchung sollte jedoch nur bei einem begründeten Verdacht erfolgen. Dieser kann unter anderem bei einer familiären Vorbelastung vorliegen oder wenn unerklärbare häufige und zunehmende Blähungen, unspezifische Bauchschmerzen oder ein dauerhaft verändertes Stuhlverhalten auftreten. Entscheidend für eine sichere Diagnose ist darüber hinaus die Qualifikation des behandelnden Arztes und seine Interpretation der Befunde.

IOATA-ADNEX-Modell

Eine Etablierung plausibler, robuster und reproduzierbarer Kriterien für die Beurteilung von Adnexbefunden im Vaginalultraschall kann mithilfe des IOATA-ADNEX-Modells erfolgen. Das Mehrklassenvorhersagemodell hilft im Anschluss an die Ultraschalluntersuchung, zwischen gutartigen und bösartigen Tumoren zu differenzieren, indem es die Möglichkeit bietet, Adnexbefunde anhand bestimmter Kriterien zu klassifizieren. Insgesamt verwendet das ADNEX-Modell neun Kriterien, welche sich aus drei klinischen Variablen zusammensetzen: Alter, Serum-CA-125-Spiegel und Art des Zentrums und sechs Ultraschallvariablen: maximaler Durchmesser der Läsion, Anteil an festem Gewebe, mehr als 10 Zystenläppchen, Anzahl der Papillen-Projektionen, akustische Schatten und Aszites. Dieses Modell sei erwiesenermassen sehr zuverlässig sowie ein einfach einzusetzendes Werkzeug, das die Entscheidung und Beratung bei Adnexprozessen wesentlich erleichtert, erklärt Dr. Gwendolin Manegold-Brauer aus dem Universitätsspital Basel [1].

Staging von Tumoren

Da es keine Screeninguntersuchung zur Früherkennung von Ovarialbefunden gibt, werden diese meist als Zufallsbefunde im Ultraschall diagnostiziert. Aber auch bei einer Ultraschalluntersuchung kann nicht immer eindeutig zwischen benignen Befunden, Boderline-Tumor und invasiven Karzinomen unterschieden werden. Bei einem persistierenden symptomatischen Ovarialbefund, welcher sonografisch oder in den Serummarkern auffällig erscheint, kann eine definitive und sichere Diagnose nur durch eine histologische Untersuchung des Befundes erhoben werden. Zum Ausschluss eines Ovarialkarzinoms wird dann eine Stagingoperation mittels Laparatomie und Schnellschnittuntersuchung empfohlen. 

Dr. Céline Montavon-Sartorius aus dem Universitätsspital Basel berichtete in diesem Zusammenhang von einer 19-jährigen Patientin, bei der ein transvaginaler Ultraschall bereits eine multilokulär-feste Ovarialmasse mit eindeutig malignen Merkmalen zeigte. Aufgrund einer Tumormarker-Erhöhung folgte eine Laparoskopie mit anschliessender Ovarektomie links, Salpingektomie links und einer infrakolischen Omentektomie sowie Peritonealbiopsien und die Entnahme einer Spülzytologie. Darüber hinaus wurde eine Stimulation der Eierstöcke und eine Kryokonservierung der Eizellen vorgenommen. Eine Verlaufskontrolle des persistierenden verdächtigen rechten Eierstocks führte schlussendlich zur Laparoskopie und Adnexektomie rechts. Die Diagnose: bilateral seröser Borderline-Tumor [1]. 

Eine Kohortenstudie der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) hat untersucht, warum das Staging von Borderline-Tumoren notwendig ist. Die Ergebnisse zeigen, dass ein unvollständiges Staging neben dem Stadium des Tumors, eventuellen Tumorrückständen oder einer Zystektomie prognostische Faktoren für ein Rezidiv des Borderline-Tumors darstellt. Das Rezidivrisiko erhöht sich mit jedem ausgelassenen chirurgischen Schritt. Bei einem kompletten Staging liegt das Rezidivrisiko von Borderline-Tumoren jedoch lediglich bei etwa 10%. Erwähnenswert ist diesbezüglich auch, das Borderline-Tumore über einen langen Zeitraum rezidivieren können. Etwa ein Drittel dieser Rezidive sind maligne und ein Drittel von denen, die maligne sind, entwickeln sich zu einem high-grade-Karzinom [8].

Indikationen für eine Operation

In manchen Fällen ist die Entscheidung für eine Operation jedoch nicht nur von einem gut- oder bösartigen Befund abhängig, sondern auch von der individuellen Situation. Dr. Montavon-Sartorius berichtete in diesem Zusammenhang von einer 31-jährigen Patientin, bei der ein reifes Teratom ein derartiges Ausmass an Grösse erreichte, dass es der Patientin Probleme bei der Atmung bereitete. Nach der operativen Entfernung des Teratoms entwickelte die Patientin neben einem Rezidiv zusätzlich ein paraneoplastisches Syndrom. Dieser spezielle Verlauf zeigt, dass auch gutartige Befunde eine Dynamik entwickeln können, die zur Belastung der Patientin führen und die Entscheidung für eine Operation begünstigen. 

Ein weiterer Grund für eine Abklärung kann die Vorgeschichte der Patientin sein. Wenn in der Vergangenheit bereits bösartige Befunde aufgetreten sind, kann eine Operation ein gewisses Sicherheitsgefühl vermitteln. So der Fall bei einer 18-jährigen Patienten, bei der bereits im Alter von 12 Jahren, aufgrund eines unreifen Teratoms, ein Eierstock entfernt werden musste und bei welcher Jahre später ein Rezidiv auftritt. Auf Wunsch der Patientin wird der Befund entfernt, erweist sich aber schliesslich als reifes Teratom, das keiner Operation bedarf. Auch klinische Symptome können ausschlaggebend für eine Operation sein. Wie der Fall einer 53-jährigen Patienten zeigt, bei der rezidivierende Synkopen mit Epilepsie-artigen, paraneoplastisch bedingten Anfällen, aufgrund bilateraler Teratome auftraten. Seit der Entfernung des Befundes ist die Patientin beschwerdefrei. 

Quelle:

1. PD Dr. med. Gwendolin Manegold-Brauer; Dr. med. Céline Montavon-Sartorius, Konservatives Management von Ovarialbefunden: Pro und Contra; aktuelle Datenlage, Vortrag Jahreskongress gynécologie suisse 2021, 24.06.2021.

2. Valentin et al.: Risk of malignancy in unilocular cysts: a study of 1148 adnexal masses classified as unilocular cysts at transvaginal ultrasound and review of the literature. Ultrasound Obstet Gynecol 2013; doi: 10.1002/uog.12308.

3. Hoo et al.: Expectant management of ultrasonically diagnosed ovarian dermoid cysts: is it possible to predict outcome? Ultrasound Obstet Gynecol 2010; doi: 10.1002/uog.7610.

4. Pascual et al.: Long-term Results for Expectant Management of Ultrasonographically Diagnosed Benign Ovarian Teratomas. Obstet Gynecol 2017; doi: 10.1097/AOG.0000000000002327.

5. Froyman et al.: Risk of complications in patients with conservatively managed ovarian tumours (IOTA5): a 2-year interim analysis of a multicentre, prospective, cohort study. Lancet Oncol 2019; doi: 10.1016/S1470-2045(18)30837-4.

6. Henderson et al.: Screening for Ovarian Cancer: Updated Evidence Report and Systematic Review for the US Preventive Services Task Force. JAMA 2018; doi: 10.1001/jama.2017.21421.

7. Hurwitz et al.: General population screening for ovarian cancer. Lancet 2021; doi: 10.1016/S0140-6736(21)01061-8.

8. du Bois et al.: Borderline tumours of the ovary: A cohort study of the Arbeitsgmeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) Study Group. Eur J Cancer 2013; doi: 10.1016/j.ejca.2013.01.035.

Isabell Bemfert

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