Bei der Bekämpfung des Coronavirus und der Verhinderung von schweren Krankheitsverläufen spielen die T-Zellen eine entscheidende Rolle. Sie erkennen und bekämpfen das Virus direkt in den infizierten Zellen. Münchener Forscher haben die T-Zellen, die auf SARS-CoV-2 reagieren, genau typisiert und sie in unterschiedlichen Krankheitsstadien beschrieben.
T-Zellen spielen eine wichtige Rolle im menschlichen Immunsystem. Die Blutzellen entstehen im Knochenmark und wandern von dort über die Blutbahnen in die Thymusdrüse im Brustbein. Hier bilden sie Rezeptoren auf ihrer Oberfläche aus, mit denen sie körperfremde Strukturen erkennen und bekämpfen. Ausserdem kurbeln die T-Zellen die Bildung von B-Zellen an, die Antikörper gegen Viren produzieren. Virus-spezifische Immunantworten von T-Zellen lassen sich noch monate- oder jahrelang im Blut nachweisen.
Um gegen SARS-CoV-2 geschützt zu sein oder keinen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden, sind die T-Zellen wichtig. «Uns interessierte vor allem, wie viele dieser spezifischen T-Zellen es im Körper der Erkrankten gibt, welche Qualität sie haben, um auf die Krankheitserreger zu reagieren, und wie langlebig sie sind», sagt Dr. Kilian Schober vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der Technischen Universität München (TUM).
«Steckbrief» einer SARS-CoV-2 bekämpfenden T-Zelle
Einem interdisziplinären Team von der TUM, des Helmholtz Zentrums München und der Ludwig-Maximilians-Universität München gelang es nun, eine neue Methode zu entwickeln, mit der T-Zell-Rezeptoren gefunden werden können, die auf SARS-CoV-2 reagieren. Das Team entnahm schwer erkrankten Covid-19-Patienten Blut und teilte dieses in zwei Pools. Den einen Pool stimulierten die Forscher mit dem Virus-Antigen, den anderen nicht. So konnten jene T-Zellen identifiziert werden, die auf das Virus anspringen und ein genauer Phänotyp charakterisiert werden.
Auf diese Weise weiss man nun, wie die T-Zellen aussehen, die das Antigen gegen das Virus kürzlich gesehen haben. Nicht nur im Blut, sondern auch im Respirationstrakt der Patienten wurden ähnliche T-Zellen entdeckt. So konnte unterschieden werden, ob die Zellen sich noch im aktiven «heissen Stadium» befinden oder schon wieder im Ruhezustand, sprich «kalt», sind – ob die oder der Erkrankte die Infektion also gerade noch durchmacht oder schon überstanden hat.
Die Erkenntnisse aus der Studie sind von grosser Bedeutung, da nun SARS-CoV-2-spezifische T-Zellen in unterschiedlichen Organen (Blut oder Lunge), in unterschiedlichen Aktivierungszuständen (Antigen vor Kurzem oder vor längerer Zeit gesehen) und in unterschiedlichen Krankheitskontexten (schwer erkrankt/Virus-positiv oder leicht erkrankt/Virus-negativ) eingeteilt werden können. Die Wissenschaftler spekulieren, dass das Verfahren in Zukunft wahrscheinlich auch dazu genutzt werden könnte, um zu überprüfen, wie viele schützende T-Zellen nach einer Impfung vorhanden sind.
Zudem konnten T-Zellen von gesunden Individuen so umgebaut werden, dass sie erstmals auf SARS-CoV-2 reagierten. «Es könnte also möglich sein, die T-Zellen von Patienten mit Rezeptoren auszustatten, um das Virus effektiver zu bekämpfen», so Dr. Schober. Dies ist der erste Schritt zu einer adoptiven T-Zell-Therapie für schwer erkrankte Covid-19-Patientinnen und -Patienten. Auch auf andere Erkrankungen wie Autoimmun- und Tumorerkrankungen könnte das Verfahren anwendbar sein, um T-Zell-Antworten besser zu charakterisieren
Quelle: Technische Universität München (D)
Literatur:
- Fischer DS, Ansari M, Wagner KI, et al.: Single-cell RNA sequencing reveals ex vivo signatures of SARS-CoV-2-reactive T cells through ‘reverse phenotyping’. Nature Communications 2021; 12: 4515; doi: 10.1038/s41467-021-24730-4.
Jens Dehn
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