Asthmaähnliche Symptome sind in der frühen Kindheit häufig zu beobachten und v.a. bei jungen Kindern oftmals Grund einer Hospitalisation. Risikofaktoren für ein solches Auftreten gibt es viele – Ansätze, ihnen bei Säuglingen bis zum Vorschulalter zu begegnen und einem späteren adulten Asthma vorzubeugen, wurden auf dem ERS-Kongress in Barcelona präsentiert.
Frühere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass atopische Dermatitis und allergische Sensibilisierung Hauptrisikofaktoren für die Entwicklung von Asthma sind. Norwegische Wissenschaftler um Anine Lie vom Oslo University Hospital untersuchten, ob die Primärprävention durch Hautweichmacher und die frühzeitige Einführung allergener Lebensmittel das Asthmarisiko bei Vorschulkindern verringert [1].
2397 Säuglinge aus der Allgemeinbevölkerung in Norwegen und Schweden wurden bei der Geburt randomisiert entweder keiner Intervention, einer Hautintervention (regelmässige Hautweichmacher wie Öle und Hautcremes im Alter von 2 bis 32 Wochen) oder Ernährungsintervention (Exposition gegenüber Erdnüssen, Kuhmilch, Weizen, Ei ab einem Alter von drei Monaten) zugeteilt oder erhielten beide Eingriffe. Asthma wurde definiert durch das Eintreten von mindestens zwei der drei Kriterien:
- ≥3 Episoden von Bronchialobstruktion
- ärztliche Diagnose von Asthma
- Einnahme von Asthmamedikamenten nach dem 9. Lebensmonat
Die Kriterien wurden in Fragebögen alle 3–6 Monate im Alter von 3–36 Monate angegeben. Der primäre Endpunkt war Asthma im Alter von drei Jahren nach Intention-to-treat (ITT).
Asthmarisiko konnte nicht reduziert werden
Die Gesamtprävalenz von Asthma nach drei Jahren betrug 13,2%. 69 von 488 Patienten (14,1%) in der Gruppe ohne Intervention, 53 von 418 (12,7%) mit Hautintervention, 70 von 510 (13,7%) mit Ernährungsintervention und 53 von 437 (12,1%) mit beiden Interventionen. Das Asthmarisiko wurde durch die Interventionen nicht signifikant beeinflusst, mit einer ITT-Haupteffekt-Risikodifferenz von 2,7% (95%-KI 1,3–6,8) bzw. –0,5% (95%-KI 5,2–4,3) durch Haut- bzw. Nahrungsmittelintervention. Es wurde kein signifikanter Interaktions-Effekt beobachtet (p=0,63).
Primärpräventionsstrategien, die darauf abzielen, atopische Dermatitis und/oder Nahrungsmittelallergien zu reduzieren, können das Asthmarisiko im Alter von drei Jahren nicht reduzieren, schlussfolgern die norwegischen Wissenschaftler.
Pollenexposition im Kindesalter kann für Asthma relevant sein
Pollenexposition wird bei Kindern und Erwachsenen mit respiratorischen Symptomen in Verbindung gebracht. Der Zusammenhang zwischen Pollenexposition und respiratorischen Symptomen im Säuglingsalter, einer besonders gefährdeten Zeit, bleibt jedoch unklar. PD Dr. Jakob Usemann und Kollegen vom Universitäts-Kinderspital beider Basel untersuchten, ob Pollenexposition mit respiratorischen Symptomen bei Säuglingen assoziiert ist und ob mütterliche Atopie, das Geschlecht des Säuglings oder Luftverschmutzung diese Assoziation verändern [1].
Sie untersuchten 14 874 Observationen von 401 gesunden Säuglingen der Basel-Bern Infant Lung Development (BILD)-Kohorte. Der Zusammenhang zwischen Pollenexposition und respiratorischen Symptomen, der in wöchentlichen Telefoninterviews erhoben wurde, wurde unter Verwendung von verallgemeinerten additiven gemischten Modellen (GAMM) evaluiert. Die Effektmodifikation durch mütterliche Atopie, das Geschlecht des Säuglings und die Luftverschmutzung (NO2, PM2.5) wurde mit Interaktions-Termen bewertet.
Pro Säugling wurden während des Analysezeitraums (Januar bis September) 37 ± 2 (Mittelwert ± Standardabweichung) Atemwegssymptom-Scores bewertet. Die Pollenexposition war tagsüber (RR [95%-KI] pro 10% Pollen/m3: kombiniert 1,006 [1,002, 1,009]; Baum 1,005 [1,002, 1,008]; Gras 1,009 [1,000, 1,23]) und während der Nacht (kombiniert 1,003 [0,999, 1,007]; Baum 1,003 [0,999, 1,007]; Gras 1,014 [1,004, 1,024]) mit vermehrten respiratorischen Symptomen verbunden. Während es keine Effektmodifikation durch mütterliche Atopie und das Geschlecht des Kindes gab, zeigte sich eine komplexe Crossover-Interaktion zwischen kombinierten Pollen und PM2.5 (p-Wert 0,002) (Abb. 1).
Bereits im ersten Lebensjahr war eine Pollenexposition unabhängig von der mütterlichen Atopie und dem kindlichen Geschlecht mit einem erhöhten Risiko für respiratorische Symptome verbunden, so der Referent. Da das Säuglingsalter eine besonders vulnerable Zeit für die Lungenentwicklung ist, könne die identifizierte nachteilige Wirkung der Pollenexposition für die Entwicklung von chronischem Asthma im Kindesalter relevant sein.
Altersabhängige Muster identifiziert
Julie Nyholm Kyvsgaard von der COpenhagen Prospective Studies on Asthma in Childhood(COPSAC)-Einheit am University Hospital in Kopenhagen und ihre Kollegen nahmen zum Anlass, dass zwar Episoden von asthmaähnlichen Symptomen bei kleinen Kindern häufig sind, aber über Risikofaktoren und Muster der täglichen Symptombelastung wenig bekannt ist. Sie untersuchten mögliche Risikofaktoren und deren altersbedingten Einfluss auf die Anzahl asthmaähnlicher Episoden im Alter von 0–3 Jahren [1].
Die Studienpopulation umfasste 700 Kinder aus der COPSAC2010-Mutter-Kind-Kohorte, die prospektiv von Geburt an mit asthmaähnlichen Symptomen, die von den Eltern in täglichen Tagebüchern aufgezeichnet wurden, bis zum Alter von drei Jahren begleitet wurden. Zu den Symptomen zählten Husten, Wheeze, Kurzatmigkeit/Dyspnoe. Risikofaktoren wurden durch Quasi-Poisson-Regressionen analysiert, die die Interaktion mit dem Alter untersuchten. Als Episode wurde eine asthmaähnliche Symptomatik über ≥3 aufeinanderfolgende Tage definiert, einzelne Episoden mussten von ≥3 Tagen ohne Symptome unterbrochen sein.
662 Kinder hatten verfügbare Tagebuchdaten mit einer medianen Prävalenz von fünf asthmaähnlichen Episoden während der ersten drei Lebensjahre (Interquartile Range, IQR, 2–11). Ein Peak zeigte sich im Laufe des zweiten Lebensjahres. Auch war ein saisonales Muster erkennbar, mit einem Peak in der Wintersaison. Die mediane Dauer einer Episode betrug fünf Tage (IQR 3–10). Mütterliches Asthma, mütterlicher Antibiotikagebrauch, niedriges Geburtsgewicht, männliches Geschlecht, hoher polygener Asthma-Risiko-Score und hoher Atemwegs-Immun-Score sagten in einer multivariablen Analyse eine höhere Anzahl von Episoden voraus (Tab. 1).
Für jeden zusätzlichen klinischen Risikofaktor, den ein Kind hatte, fanden die dänischen Forscher eine um 34% erhöhte Anzahl von Episoden (Geschlecht, Geburtsgewicht, mütterliches Asthma, Inzidenzverhältnis 1,34; 95%-KI 1,21–1,48; p<0,001). Mütterliches Asthma, Frühgeburt, Kaiserschnitt, niedriges Geburtsgewicht und Geschwister bei der Geburt interagierten signifikant mit dem Alter (p<0,05), was eine zunehmende Anzahl von Episoden im 1., 2. und 3. Lebensjahr für alle ausser Kinder mit Geschwistern zeigt, wo die Symptomlast mit dem Alter abnahm.
Dank der Tagebuchaufzeichnungen von asthmaähnlichen Symptomen in den ersten drei Lebensjahren konnten die Wissenschaftler Risikofaktoren der Symptomlast mit unterschiedlichen altersabhängigen Mustern identifizierten. Dies biete neue Einblicke in den Ätiologie früher asthmatischer Symptome und könnte dem Kliniker bei der Identifizierung von Risikopatienten und ggf. der Initiierung einer frühen Therapie helfen, so die Referentin abschliessend.
Kongress: ERS-Kongress 2022
Quellen:
- Oral presentation: Early childhood risk factors for wheezing and later asthma. Kongress der European Respiratory Society, Barcelona, 4.9.2022.
- Gisler A, Eeftens M, de Hoogh K, et al.: Pollen exposure is associated with risk of respiratory symptoms during the first year of life. Allergy 2022; doi: 10.1111/all.15284.
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