Die Berücksichtigung von Aspekten der Patientenorientierung trägt zur Verbesserung der Compliance bei. Eine umfassende und verständliche Aufklärung und Information des Patienten bildet die Basis dafür, informierte Entscheidungen treffen zu können im Sinne von «Shared decision making» – ein wichtiger Pfeiler von Patientenorientierung wie sie heutzutage definiert wird.

Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) setzt sich ein für Qualität und Wissenstransfer im Gesundheitswesen. Im Kompendium «Qualitätsmanagement und die Sicht der Patienten» wird Patientenorientierung folgendermassen definiert: dass sich im Rahmen eines therapiekonformen Betreuungsprozesses alle Beteiligten bemühen, die Erwartungen und Bedürfnisse der Patienten kennen zu lernen und zu erfüllen [1–3]. Patientenorientierung bedeute aber auch, durch ein kontinuierliches Qualitätsmanagement Defizite aufzudecken und zu eliminieren. Wichtige Kriterien für Patienten­orientierung einer Arztpraxis sind im Kasten zusammengefasst [4].

Qualitätsbewusste Patienten bewerten nicht nur die erhaltene medizinische, therapeutische, pflegerische Versorgung und das Ergebnis der Behandlung, sondern auch die Informationsvermittlung, die Kommunikation mit den Leistungserbringern, den Eindruck vom Personal (Freundlichkeit, Zuverlässigkeit, Kompetenz, Pünktlichkeit, Wartezeit), den Umgang mit allen Mitarbeitern der Praxis oder der Klinik, den Zugang zur und die Organisation in der Praxis sowie Unterstützungsangebote [5,6].

Partizipative Entscheidungsfindung setzt Aufklärung voraus

Es gibt zunehmend mehr Patienten, die über diagnostische und therapeutische Massnahmen und Möglichkeiten der Selbsthilfe aufgeklärt werden wollen, die jeweiligen Implikationen verstehen und letztlich auch mitentscheiden möchten. Dies entspricht der Kernaussage des Konzeptes der gemeinsamen Entscheidungsfindung (Partizipative Entscheidungsfindung, shared decison making): Arzt und Patient treffen auf der Basis geteilter Informationen eine gemeinsam verantwortete Entscheidung, sie gehen eine «therapeutische Allianz» ein [7].

Patienten verstehen oft nur 50% der Informationen, die sie von ihrem Arzt erhalten [8]. Auch bei einem gründlichen mündlichen Aufklärungsgespräch ist keine Garantie gegeben, dass Patienten die vermittelten Inhalte verstanden haben und auch erinnern können. Viele Patienten können sich nach dem Verlassen des Arztzimmers an den Inhalt des Gespräches nicht mehr korrekt erinnern. Deshalb sollten Patienten alles, was sie im Rahmen der Aufklärung über Erkrankung und mögliche Therapieoptionen, sowie die weitere Versorgung und Betreuung an mündlicher Beratung erfahren, – in komprimierter Form – «schwarz auf weiss» mitnehmen können [4]. Das Überzeugende daran ist: Der Patient trägt etwas mit sich nach Hause, das extra für ihn erstellt wurde. Dabei sollte Qualität vor Quantität gehen. Eine individuell auf den Patienten abgestimmte Information wirkt professioneller und persönlicher als ein kopierter Diätplan oder eine übliche Informationsbroschüre. Bewährt haben sich individuelle Beratungsrezepte, Patientenpässe oder Patientenbücher, die Einzelinformationen – auch verschiedener Ärzte – integrieren [9].

Literatur:

  1. Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ): Qualitätsmanagement und die Sicht der Patienten, www.aezq.de/aezq/kompendium_q-m-a/3-qualitaetsmanagement-und-die-sicht-derpatienten/#3, (letzter Abruf 06.12.2022).
  2. Bleses H: Patientenorientierung als Qualitätsmerkmal. 2005, Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doctor rerum curae (Dr. rer. cur.). Med. Fak. der Charité, Berlin.
  3. Dierks ML, Schwartz FW: Patienten, Versicherte, Bürger – die Nutzer des Gesundheitswesen. In: Schwartz FW, Badura B, Busse R, Leidl R, Raspe H, Siegrist J, Walter U, Das Public Health Buch, 2008: 314–321. Urban und Fischer, München.
  4. Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ): Woran erkennt man eine gute Arztpraxis? Checkliste für Patientinnen und Patienten. ÄZQ 2007, Berlin.
  5. Bitzer EM, Dierks ML: Wie kann man Erwartungen und Zufriedenheit der Patienten im Qualitätsmanagement berücksichtigen? – Erhebungsverfahren und Erfahrungen aus der ambulanten Versorgung. In: Das Bundesministerium für Gesundheit, Qualitätsmana­ge­ment in der Arztpraxis 1999, 125–184. Nomos, Baden-Baden.
  6. Wölker T: Qualitätsmanagement in der Arztpraxis – So managen Sie Qualität. Ärzte-Zeitung-Verl.-Ges., 2002: Neu-Isenburg.
  7. Härter M: Partizipative Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) – ein von Patienten, Ärzten und der Gesundheitspolitik geforderter Ansatz setzt sich durch. Z Arztl Fortbild Qualitatssich 2004; 98: 89–92.
  8. Schillinger D, et al.: Closing the loop: physician communication with diabetic patients who have low health literacy. Arch Intern Med 2003; 163: 83–90.
  9. Szecsenyi J, Klingenberg A, Pelz J, Magdeburg K: Bewertung eines Patientenbuches durch Patienten – Ergebnisse aus der Ärztlichen Qualitätsgemeinschaft Ried. Z Arztl Fortbild Qualitatssich 2001; 95: 407–412.

HAUSARZT PRAXIS 2022; 17(12): 44

Mirjam Peter, M.Sc. 

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