Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) zählt zu den häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, die das Achsenskelett betreffen. Rückenschmerzen und eine eingeschränkte Beweglichkeit in der Lendenwirbelsäule zählen zu den Leitsymptomen. Die Primärversorgung spielt eine wichtige Rolle, um die Diagnoselatenz zu verringern und axSpA-Patienten rechtzeitig einer adäquaten Therapie zuzuführen. In der OptiRef-Studie wurde ein onlinebasierter Fragebogen als Screening-Tool eingesetzt und mit konventioneller ärztlicher Überweisung verglichen.

Heutzutage könne man bei Rückenschmerzpatienten entzündliche Prozesse mittels Magnetresonanztomografie (MRI) bereits visualisieren, bevor strukturelle oder funktionelle Einschränkungen vorliegen, erklärte PD Dr. med. Fabian Proft, Charité Universitätsmedizin Berlin [1]. Die Erstmanifestation der axSpA betrifft meistens die Altersgruppe der 20–40-Jährigen. Die Ätiopathogenese ist weitgehend ungeklärt, aber es gibt Hinweise auf eine genetische Prädisponierung. Man hat herausgefunden, dass axSpA bei Personen, deren Eltern oder Geschwister davon betroffen sind, 10- bis 20-mal häufiger vorkommt als sonst. In frühen Stadien der Erkrankung sind langanhaltende Rückenschmerzen ein dominierendes Symptom. Bereits weiter fortgeschritten ist die Erkrankung, wenn in der Röntgenuntersuchung strukturelle Schäden am Sakroiliakalgelenk oder der Wirbelsäule erkennbar sind, man spricht dann von ankylosierender Spondylitis (AS).

Verdachtsdiagnose: MRI-Befund ist entscheidend

Wird eine axSpA frühzeitig adäquat behandelt, könne Langzeitschäden entgegengewirkt werden, führte der Referent aus [1]. Doch Studiendaten zeigen, dass es nach wie vor teilweise erhebliche Diagnoselatenzen gibt. Dies geht unter anderem aus 2019 publizierten Analysen des PROCLAIR-Projekts hervor, welche ergaben, dass die durchschnittliche Diagnoselatenz bei AS/axSpA (n= 1677) bei 5,7 Jahren lag [2]. Dies sei zwar eine deutliche Verbesserung gegenüber der Situation der frühen 2000-er Jahre als die Zeitspanne von der Erstmanifestation der Symp­tome bis zur richtigen Diagnose rund 10 Jahre betrug, aber dennoch bestehe hier ein Verbesserungsbedarf, betonte Dr. Proft [1]. Die axSpA-Prävalenz ist bei Männern höher als bei Frauen und bei rund 95% aller axSpA-Patienten lässt sich in einer genetischen Analyse ein positiver HLA-B27-Status nachweisen. Aber auch Frauen und Personen mit negativem HLA-B27-Status können von axSpA betroffen sein, weshalb bei entsprechendem klinischem Verdacht erst ein MRI Gewissheit verschaffen könne, erläuterte der Referent [1].

Ärztliche Überweisung vs. onlinebasierte Selbstzuweisung

In der OptiRef-Studie wurden Patienten mit chronischen Rückenschmerzen und Verdacht auf axSpA entweder von Ärzten der Primärversorgung oder durch ein Online-Selbstüberweisungstool (online self-referral, OSR) einer rheumatologischen Abklärung zugewiesen [3]. In der ärztebasierten Überweisung wurden klassische Kriterien für eine axSpA erhoben, darunter Alter bei der Erstmanifestation der über mind. drei Monate anhaltenden Rückenschmerzen, Entzündungsmarker (erhöhte BSG- und CRP-Werte), HLA-B27-Status und Sakroilitis in der Bildgebung (Tab. 1). Die onlinebasierte Selbstzuweisung wurde folgendermassen operationalisiert: in der Berliner Metro wurden Flyer mit der Aufschrift «Sie sind jung und haben langanhaltende Rückenschmerzen?» verteilt, welche einen QR-Code enthielten, der zu einem kurzen online-Fragebogen führte (Tab. 1). Personen, die aufgrund der Fragebogenergebnisse eine hohe Wahrscheinlichkeit für axSpA aufwiesen, wurden zu einer rheumatologischen Abklärung in die Charité Berlin eingeladen.

Höhere Trefferquote bei ärztlicher Überweisung, aber…

Alle Patienten wurden einer strukturierten Untersuchung einschliesslich bildgebender Verfahren unterzogen. Bei insgesamt 39,2% (n=71) in der arztbasierten Gruppe und bei 19,4% (n=35) Patienten in der OSR-Gruppe wurde eine axSpA diagnostiziert [1,3]. Trotz der besseren Leistung der arztbasierten Überweisungsstrategie war der Anteil an axSpA-Diagnosen unter den durch OSR überwiesenen Patienten mit 19,4% deutlich höher als die angenommene 5%-Prävalenz bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Dr. Proft kommentierte das Ergebnis der OSR folgendermassen: «Dies bedeutet, dass 1 von 5 Patienten, welche vorher nicht diagnostiziert worden waren, mit einem einfachen Tool aus lediglich 15 Ja/Nein-Fragen die korrekte Diagnose erhielten» [1]. Interessanterweise zeigte ein Vergleich der Teilnehmermerkmale beider Gruppen, dass über das OSR prozentual mehr weibliche Personen zugewiesen wurden und ein geringerer Anteil in Kenntnis über einen positiven HLA-27-Status waren. Die Studienautoren schlagen vor, die OSR-Strategie zusätzlich zu einer arztbasierten Überweisungsstrategie einzusetzen, um die Frühdiagnose zu verbessern und die Awareness für axSpA zu erhöhen.

Kongress: EULAR Annual Meeting

Literatur:

  1. «Early identification of axial Spondyloarthritis – presentation of a physician centered and a patient centered approach», PD Dr. med. Fabian Proft, EULAR Annual Meeting, Vienna, 12–15 june, 2024.
  2. Redeker I, et al.: Determinants of diagnostic delay in axial spondyloarthritis: an analysis based on linked claims and patient-reported survey data. Rheumatology (Oxford) 2019; 58(9): 1634–1638.
  3. Proft F, et al.: Comparison of an online self-referral tool with a physician-based referral strategy for early recognition of patients with a high probability of axial spa. Semin Arthritis Rheum 2020; 50(5): 1015–1021.

AUTOR: Mirjam Peter, M.Sc.

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